Das Funkprotokoll Thread ist im Matter-Standard als stromsparende Alternative zum WLAN vorgesehen. Es verbindet Geräte wie batteriebetriebene Sensoren über ein sich selbst verstärkendes Mesh-Netzwerk (mehr zu Thread in diesem Beitrag). Der Aufbau des Netzwerks mit Knoten ähnelt dem von Zigbee, es gibt jedoch einen großen Unterschied.
Einfach gesagt: Während Zigbee den einzelnen Knoten im Netzwerk eine spezielle, 16 Bit lange Adresse zuweist, arbeitet Thread direkt mit dem Internet-Protokoll IPv6. Die Knoten erhalten eine IP-Adresse, was sie leichter adressierbar macht. Im Zigbee-Netzwerk muss die zugewiesene Adresse erst ins IP-Format umgewandelt werden. Diese Aufgabe übernimmt normalerweise ein Gateway, die sogenannte Zigbee Bridge.
Mit Thread entfällt diese Umwandlung. Controller und andere Matter-Geräte können Knoten im Netzwerk direkt über ihre IPv6-Adresse erreichen. Voraussetzung: Der Sender oder Empfänger muss einen Zugang zum Mesh haben. Das ist bei Produkten im WLAN oder LAN normalerweise nicht der Fall. Die meisten Smartphones und Computer „sprechen“ kein Thread. Deshalb gibt es Border Router. Sie stellen die Verbindung her. Oder wie es im offiziellen Papier der standardisierenden Thread Group heißt:
Ein Border Router ist ein Gerät, das in der Lage ist, Pakete zum und vom Mesh zu leiten. Dieses Routing erfolgt zwischen dem Thread-Mesh und allen anderen IP-tragenden Schnittstellen wie Wi-Fi, Ethernet und Mobilfunk.
Quelle: Thread Border Router White Paper, Juli 2022
Mithilfe eines Border Routers kommunizieren Matter-Geräte untereinander, egal in welchem IP-basierten Netzwerk sie sich befinden. So steuert etwa ein Thread–Schalter in Matter direkt eine WLAN-Lampe, ohne dass zwingend die Smartphone-App des Matter-Ökosystems oder eine Cloud dazwischengeschaltet wäre.
Typische Border Router
Prinzipiell kann jedes Produkt, das den Thread-Standard unterstützt, auch gleichzeitig ein Border Router sein. Es muss nur über eine konstante Stromversorgung verfügen und per WLAN oder LAN-Kabel den Kontakt zum heimischen IP-Netzwerk haben. Bislang findet sich die Funktion vor allem in Smart Speakern und Smart Displays, in Smarthome-Zentralen und anderen Netzwerk-Geräten. Zu den typischen Vertretern zählen:
- Aeotec Smart Home Hub (SmartThings)
- Amazon Echo (4. Gen.)
- Amazon Echo Hub
- Amazon Echo Show (3. Gen.)
- Amazon Eero 6 Wifi router
- Amazon Eero 6 Pro Wifi router
- Apple HomePod (2. Gen.)
- Apple HomePod mini
- Apple TV 4K (2. Gen. / 3. Gen. mit Wi-Fi + Ethernet)
- Google Nest Hub (2. Gen.)
- Google Nest Hub Max
- Google Nest Wifi router
- Google Nest Wifi Pro router
- Nanoleaf Lines (Firmware 8.5.2)
- Nanoleaf Shapes (Firmware 8.5.2)
- Nanoleaf Elements (Firmware 8.5.2)
- Samsung SmartThings Hub (v3)
Wie die Liste zeigt, treffen Border Router und die Funktion einer Matter-Steuerzentrale oft in einem Gerät zusammen. Das muss aber nicht so sein. Die WLAN-Router von Amazon und Google oder Nanoleafs Border Router schlagen zwar Brücken ins Thread-Netzwerk, verfügen selbst aber über keine Kontrollfunktionen im Smarthome. Wer sie nutzt, um Thread-Produkte ins Netzwerk zu bringen, benötigt zusätzlich den Smarthome-Hub eines Matter-Ökosystems als Controller, für Automatisierungen oder den Fernzugriff von unterwegs aus.
Border Router in Matter
Mit Erscheinen der Thread-Spezifikationen 1.3.0 im Juli 2022 wurden Border Router herstellerneutral. Geräte, die den Spezifikationen entsprechen, sind miteinander kompatibel, egal, woher sie stammen. Das Ziel: Jedes Thread-Gerät soll sich mit jedem Router verbinden können – und umgekehrt. Sind mehrere Border Router installiert, bleibt die Kommunikation zwischen dem Thread-Mesh und dem Rest des heimischen Netzwerks auch dann erhalten, wenn einzelne Modelle offline gehen. Ein verbliebenes Exemplar übernimmt bei Bedarf die Rolle des Vermittlers.
In Matter ist das Ideal völliger Neutralität allerdings noch nicht erreicht. Aktuell (Stand: Juli 2023) gibt es Border Router, die nur in bestimmten Ökosystemen funktionieren. Wer Modelle verschiedener Hersteller kombiniert, spannt unter Umständen parallele Thread-Netzwerke auf – statt eines gemeinsamen Mesh, in dem alle Geräte zusammenhängen.
Das liegt an der Art und Weise, wie Matter-Ökosysteme die Zugangsdaten (Credentials) zu solchen Thread-Netzwerken verwalten. Amazon etwa speichert sie in verschlüsselter Form auf eigenen Servern und schickt sie beim Setup über eine gesicherte Verbindung zum Gerät. Apple nutzt den Schlüsselbund von iOS dafür, Android das entsprechende Pendant seiner Google Play Services. Samsung hat Knox Matrix entwickelt.
Um einem Thread-Netzwerk beizutreten, müssen neue Thread-Geräte – darunter auch Border Router – diese Credentials übermittelt bekommen. Findet der Austausch nicht innerhalb desselben Ökosystems statt, sondern beispielsweise zwischen Apple und Google, muss das eine Unternehmen seine Informationen mit dem anderen teilen – auf sichere und kontrollierte Weise. Google und Samsung SmartThings haben diesbezüglich Absprachen getroffen, Apple und Google ebenfalls.
Amazon behält die Zugangsdaten seiner Thread-Netzwerke derzeit noch für sich und schreibt sie auch nicht in den allgemeinen Schlüsselbund von Android oder iOS. Daher können Border Router anderer Marken bislang kein Teil des Mesh-Netzwerks werden, das Geräte von Amazon aufbauen. Nanoleaf weist auf diesen Umstand in seinen Support-Dokumenten ausdrücklich hin (link).
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